“Der Westen und der Rest”

Zwischen abschreckender Physiognomie, Trägheit, Sinnlichkeit und Schutzbedürftigkeit oder wie Ida Pfeiffer (1797-1858) die Welt sah

ASSA Journal 1/2005, Artikel 2, ISSN 1815-3704

Gabriele Habinger

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Abstract

Wie für viele Reisende ihrer Zeit stellten auch für die Wienerin Ida Pfeiffer (1797-1858) die Verlockungen des Unbekannten und Fremden eine wichtige Reisemotivation dar. Allerdings war die Erfahrung der Fremde nicht immer ungetrübt, so wirkte allzu Fremdartiges an Aussehen und Verhalten der Menschen auf Pfeiffer häufig abschreckend, auch wenn sie des öfteren auf ihre Lernfähigkeit und auf die eigene Positioniertheit in der europäischen Weltsicht verweist. Ida Pfeiffer stand in vielerlei Hinsicht in der Tradition der aufgeklärten Reisenden, sie ergriff sowohl Partei für Entrechtete und übte Kritik an der eigenen Gesellschaft und Zivilisation. Doch letztlich stellte für sie das “Eigene” für die Repräsentation des Fremden die normative Basis dar, sie war überzeugt von der Überlegenheit der westlichen Zivilisation und bemühte häufig die für einen westlichen dominanten Diskurs üblichen Stereotype und Dichotomien, die dies unter Beweis stellen sollten – ein Diskurs, der von Stuart Hall als “discourse of the West and the Rest” charakterisiert wird.

Keywords: Fremdrepräsentation, kolonialer westlicher Diskurs, Gender, Orientalismus, westliches Zivilisationsmodell, Reiseliteratur, Ida Pfeiffer

English abstract

As for many travellers of her time the fascination of the unknown and the ‘other’ was a major incentive for the Viennese Ida Pfeiffer (1797-1858) to travel. But not always her impressions of ‘the Others’ were positive. Pfeiffer often found non-western humans and their costumes repellent, although she claimed to learn by her travel experience and although she obviously was aware of sharing a Western view of non-western world. In many respects she might be seen in the tradition of Enlightment, she defended underprivileged and was critical of her own society and civilization. At the same time she applied her own Western standards in representing ‘the Other’ and she was convinced of the superiority of western civilization. So her texts comprise many stereotypes and dichotomies being characteristic for a hegemonial western discourse that Stuart Hall called the discourse of ‘the West and the Rest’.

Keywords: othering, colonial Western discourse, gender, Orientalism, western model of civilization, travel literature, Ida Pfeiffer

Zu zitieren als

Habinger, Gabriele 2005: “Der Westen und der Rest”: Zwischen abschreckender Physiognomie, Trägheit, Sinnlichkeit und Schutzbedürftigkeit oder wie Ida Pfeiffer (1797-1858) die Welt sah. In: Austrian Studies in Social Anthropology, Journal 1/2005, 17p. URL: [AUS DER BROWSERZEILE ÜBERNEHMEN]. Zugriff: TT.MM.JJJJ.

Lebenslauf/ vita

Habinger, Gabriele. Dr. phil., Studium der Völkerkunde und Publizistik in Wien, freie Wissenschaftlerin sowie Verlagslektorin, Herausgeberin einer Reihe historischer Reiseberichte von Frauen, Vortragstätigkeit sowie zahlreiche Publikationen zu reisenden Frauen. Arbeitsschwerpunkte: Fremdwahrnehmung/Othering, Rassismus und kolonialer/ imperialer westlicher Diskurs, reisende Europäerinnen und ihre Position in der Wissenschaftsgeschichte, Geschlechtergeschichte, Gender-Theorien und feministische Theorien in der Kultur- und Sozialanthropologie.

Habinger, Gabriele. Dr. phil., studied Cultural and Social Anthropology and Media Studies in Vienna. She has published a series of accounts of historical travels of women as well as numerous articles specialised on travelling women personalities and their writings. Fields of interests: othering, racism and colonial western discourses, travelling European women and their position in world history, gender history, gender- and feminist theories in Social and Cultural Anthropology.

Kontakt (2006): gabriele.habinger@utanet.at